Vortrag von Prof. Helmut Heit am 30.3.2022 in Radebeul – Thomas Berndt, Dr. Gerhard Luhn
Am Mittwochabend war es soweit. Endlich konnten wir in Radebeul den Leiter des Kollegs Friedrich Nietzsche der KLASSIK STIFTUNG WEIMAR Prof. Helmut Heit in einer Veranstaltung der VHS Meißen begrüßen. Gleich zu Beginn warf Prof. Heit ein Schlaglicht auf die von Angela Merkel im Jahre 2016 vorgebrachte Aussage, wir würden ja nunmehr in einer „postfaktischen Zeit“ leben. Viele (vermeintlich) Intellektuelle beeilten sich, Nietzsches Ideen als Ursache dafür zu nehmen, dass in den letzten Jahren das Lügen zugunsten des eigenen Vorteils immer mehr um sich greife. Donald Trump wird als „Übermensch“ gefeiert und Wladimir Putin steigert das noch in grausamer Weise.
Prof. Heit schälte demgegenüber den eigentlichen Kern Nietzsches Idee der Wahrheit heraus, der auch das Auf und Ab seiner eigenen Lebensführung widerspiegelt. So charakterisierte Nietzsche diejenigen als Vertreter einer „zurückgebliebenen Cultur“, die nicht durch eigenes Mitempfinden und eigene Entwicklung durch verschiedene Überzeugungen und (Vor-)Urteile hindurchgegangen sei. Solche Menschen seien aber leicht erkennbar: „hart, unverständlich, unbelehrbar, ohne Milde“. Eine absolute Wahrheit oder absolut gesetzte Fakten gibt es nach Nietzsche nicht.
Prof. Heit war sich dann auch in der Diskussion mit dem Publikum über das von ihm erforschte Nietzsche-Verständnis einig. Nicht die Fakten zählen an und für sich. Vielmehr ist es genau umgekehrt: erst unsere durch unsere Lebensführung und Entwicklung geprägt Fähigkeit zur Deutung und Sinngebung kann aus einem Faktum eine Wahrheit machen. Dann ist es nicht einfach nur so daher gesagt, sondern ein Faktum: „Wir wollen keinen Krieg“
Das Schlusswort hatte die ukrainische Mitbürgerin Agnes Oszusky: „Wir müssen keine Angst haben, das Ganze zu sehen. Wir müssen es nur gemeinsam tun.“