Fraktion Bürgerforum/Grüne
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Kramer, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben heute über eine Investitionssumme von 13,5 Millionen Euro zu befinden. 2017 waren es 11 Millionen und im vergangenen Jahr 15,6 Millionen. Das ist eine große Menge Geld und erfordert uns eine hohe Verantwortung ab. Jeder von uns würde bei einer solch hohen Investitionssumme privaten Geldes sehr penibel abwägen, zur Disposition stellen und Alternativen prüfen. Er würde sich Fragen nach Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit stellen und hätte selbstverständlich eine Vision.
Das eben diese verantwortliche und kritische Begleitung der Verwaltung durch den Stadtrat geschieht, mahnen wir seit Beginn der Legislatur an.
Das Agieren der Stadtverwaltung ähnelt aus unserer Sicht einem Monopolyspiel. Die Stadt kauft das E- Werk, die Jugendherberge und bereitet das Vorkaufsrecht für den Bahnhof Kötzschenbroda vor, ohne ein belastbares Nutzungs- und Sanierungskonzept sowie eine Kostenschätzung erstellt und dann abgewogen zu haben. Es wird rein emotional um Zustimmung geworben.
Es geht leider in diesem Rat schon lange nicht mehr um eine sachliche, kritische und transparente Auseinandersetzung innerhalb und in der Öffentlichkeit. Unser Antrag zum Haushalt, während des laufenden Verfahrens, also legitim, von Prof. Plessing eingebracht , ist als Frechheit bezeichnet worden ohne inhaltlich zu argumentieren. Das schadet der Demokratie, das sollte sich dieser Kollege sagen lassen und darüber nachdenken. Demokratie lebt von einer ehrlichen inhaltlichen Debatte und nicht von Beschimpfungen.
Wir haben uns stets bemüht auch Anträge anderer Fraktionen wohlwollend zu prüfen und sie letztlich zum großen Teil auch unterstützt. Herr Dr. Reusch, bei uns gibt es nicht die Direktive, sollte etwas von der CDU kommen, dann darf nicht zugestimmt werden.
Herr Dr. Reusch, ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre versöhnliche Rede. Leider war das nicht immer so, aber ich habe Hoffnung, dass wir in der nächsten Legislatur konstruktiver zusammen arbeiten.
Der Versuch, endlich auch live aus dem Stadtrat zu berichten, wird sicherlich keine Mehrheit bekommen. Transparenz ist offensichtlich nicht erwünscht. Warum gibt es so viele Bedenken und Ängste?
Ich möchte mich heute kurz fassen, denn ich könnte alle Haushaltreden der vergangenen Jahre wiederholen. Es hat sich nichts geändert.
Uns stellt sich wie in jedem Jahr die Frage, sind wir für die Zukunft, für die 4. industrielle Revolution und für die Auswirkungen des Klimawandels gut aufgestellt?
Unser Wahlprogramm vor 5 Jahren hat sich daran orientiert und ist uns Maßstab der heutigen Entscheidung zum Haushalt.
Ich greife nur drei Punkte des Wahlprogramms auf.
Radebeul eine lebendige Stadt für alle:
Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Kinderwagen, Rollatoren, Radfahrer, Autos und ÖPNV: Hier müsste viel mehr Geld investiert werden! Rad – und Fußwege sind fast überall in erbärmlichen Zustand. Wie halbherzig oder ohne Herz wir mit nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern umgehen, sieht man deutlich derzeit an den Landesbühnen. Versuchen Sie bitte zu erfassen wie man als Fußgänger mit und ohne Kinderwagen oder Rollstuhl die Straße an der AOK überqueren soll. Für den Radfahrer stellt sich auch die Frage. Der Radweg ist zu Ende und was dann? Auch Übergangslösungen in der Bauzeit (mindestens 1,5 Jahre) erfordern Kopf und Geld. Oder, die Ampelschaltung an der Hauptstraße ist für Fußgänger eine Zumutung. Wir halten den Ausbau ohne durchgehenden Radweg zwischen Boxdorf und Wahnsdorf und an der Kötzschenbrodaer Straße noch immer für einen Fehler. Die CDU unterstützt jetzt eine Online- Petition für einen sicheren Schulweg zwischen Boxdorf und Wahnsdorf. Wir haben die Planung ohne Radweg von vornherein abgelehnt, die CDU hat zugestimmt. Heute so und morgen so. Sie hängen die Fahne nach dem Wind und machen damit einen Wahlkampf, auf Kosten der Bürger, den hoffentlich viele durchschauen. Für den vierspurigen Ausbau der Meißner Straße nach den Landesbühnen wurden Mittel und Wege gefunden. Für den Radverkehr nicht.
Radebeul eine soziale Stadt:
Das Familienzentrum in Radebeul West ist ein wichtiger Baustein die Stadtgesellschaft zusammen zu halten. Wir brauchen ein solches Zentrum auch in Ost, in Kooperation mit der Bibliothek. Dies besonders im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung, Beschleunigung und Entfremdung in der Gesellschaft. So bedeutet Digitalisierung nicht nur Netzausbau, sondern Angebot und Umgang mit der digitalen Welt. Wir müssen Strukturen schaffen, die Überforderungen (Entfremdung und Beschleunigung) entgegenwirken – mehr Investition in Kommunikation und weniger in Beton-.
Falls wir heute die Erhöhung der Eintrittsgelder in der Sternwarte beschließen sollten,er sich der Eintrittspreis bei Kindern prozentual mehr als bei Erwachsenen.
Für die Spielplätze und deren Instandsetzung fehlt Geld, obwohl schon seit Herbst bekannt ist, dass Geräte verschlissen sind.
Radebeul – eine grüne Stadt:
Die Gebiete Glasinvest und Wasapark werden wohl in absehbarer Zeit die letzten großen Bebauungen im unmittelbaren Stadtgebiet. Beide werden, so fürchten wir, geprägt sein von Investorenarchitektur und ohne sozialen und grünen Anspruch. Eigentümerwechsel bedeutet in unserer Stadt meistens, erst einmal alle Bäume weg. Radebeul – eine grüne Stadt?
Aber auch auf städtischen Flächen gehen wir sorglos mit Stadtgrün um. Im vergangenen Jahr gab es viel Aufregung um die Fällungen auf der Burgstraße oder unlängst am Lößnitzgymnasium. Warum setzt sich die Abteilung Stadtgrün nicht vehement für den Erhalt der Bäume ein? Nach den Erfahrungen des vergangenen Sommers sollte man froh über jeden Schattenspender sein.
Für uns völlig unverständlich ist der Plan am Spitzhaus großflächig zu versiegeln, um einen Parkplatz bauen zu können. Obwohl das Bundesumweltamt an alle Kommunen appelliert für Parkplätze keine neuen Flächen zu versiegeln, tun wir genau das Gegenteil
Den globalen Umweltveränderungen müssen wir vor Ort Rechnung tragen. Wenn wir schon keine wesentlichen globalen Veränderungen bewirken können, so sind wir zumindest vor Ort und für unsere eigenes Tun verantwortlich. Das erfordert völlig andere Prioritäten bei Investitionen. Es ist gut, dass die junge Generation sich unser Agieren nicht mehr gefallen lässt und nun auch in Dresden Radebeuler Schüler auf die Straße geht unter dem Motto: „Wir sind hier! Wir sind laut! Weil ihr und die Zukunft klaut!“ Ich bin mir sicher, es wird auch in absehbarer Zeit in diesem Raum ankommen, vielleicht schneller als sie alle denken. Wir sind alle als unabhängige Stadträte gewählt worden und für unser eigenes Tun auch schon heute verantwortlich.
Bei unserer Veranstaltung zum Bahnhof in Kötzschenbroda und der Entwicklung des Stadtteilzentrums ist eigentlich sehr deutlich geworden was in unserer Stadt völlig schief läuft. Die Kommunikation der Akteure und die Vernetzung untereinander funktioniert nicht. Man kann kein Leitbild für die Händler entwickeln, ohne zu wissen welche Pläne die Eigentümer haben. Es werden Zeit und Chancen vertan. Besonders bei dem im freien Fall befindlichen Gebiet um die Bahnhofstraße ist das fatal und nur schwer zu reparieren, aber nur exemplarisch für die Gesamtsituation.
Gelassenheit und Offenheit für andere Ideen würden gut tun und sind dringend notwendig. Das schadet dem eigenen Image nicht sondern stärkt und befreit.
Herr Oberbürgermeister, sie waren zu unserer Veranstaltung zum Gebiet Radebeul West nicht da. Das hätten Sie tun können. Sie distanzieren sich aufgrund von Pressemitteilungen von der Position des Architekten Scharrer. Andere Positionen sind kein persönlicher Angriff. Das ist Demokratie!
Wir danken der Kämmerei für Ihre Arbeit. Wir werden dem Haushalt nicht zustimmen, das ist keine Kritik an der Arbeit der Kämmerei, sondern an den politischen Prioritäten.
Eva Oehmichen für die Fraktion